Lilo & Stitch (2025)

Ein Disney-Remake mit Seele – und Schmerzpunkten

Warum diese Realverfilmung mehr ist als nur ein hübsches Update

Lilo und Stitch Filmszene

Disney

Es gibt nicht viele Disney-Realverfilmungen, bei denen man sich hinterher nicht fragt: Warum eigentlich? Zu oft wirken sie wie hochglanzpolierte Kopien ihrer Animationsvorlage – hübsch anzusehen, aber ohne eigene Idee. Lilo & Stitch (2025) ist da eine erfreuliche Ausnahme. Regisseur Dean Fleischer Camp (Marcel the Shell with Shoes On) gelingt es, der bekannten Geschichte nicht nur treu zu bleiben, sondern sie auch klug zu aktualisieren – emotional, inhaltlich und tonal. Das Ergebnis ist ein Remake, das tatsächlich Argumente für seine Existenz liefert.

Die Handlung dürfte vielen bekannt sein: Die kleine Lilo lebt mit ihrer älteren Schwester Nani auf Hawaii. Die beiden kämpfen mit finanziellen Sorgen, dem Verlust ihrer Eltern und einem ständig lauernden Jugendamt. Als Lilo sich eines Tages im Tierheim ein fremdartiges Wesen aussucht – das sich später als außerirdische Kampfeinheit entpuppt –, beginnt eine der schrägsten, aber zugleich herzlichsten Freundschaftsgeschichten des Animationskinos.

Auch in der Realverfilmung bleibt dieser emotionale Kern erhalten. Ohana heißt Familie – und Familie heißt, niemand wird zurückgelassen oder vergessen. Doch die Neuauflage geht einen Schritt weiter: Familie ist nicht perfekt. Familie ist chaotisch, zerbrechlich, manchmal laut, oft überfordert – aber trotzdem wertvoll. Dieser leicht verschobene Fokus wirkt nicht wie eine moderne Floskel, sondern wie eine ehrliche, zeitgemäße Erweiterung der ursprünglichen Aussage. Dass Disney diese Dimension zulässt, ist bemerkenswert – und tut dem Film gut.

Regisseur Dean Fleischer Camp bringt aus dem Indie-Kino ein gutes Gespür für ungewöhnliche Figuren mit. Und das merkt man. Stitch bleibt eine skurrile, unberechenbare Kreatur – wild, aber nie zur reinen Slapstick-Maschine verkommen. Der Humor ist da, aber nie aufgesetzt. Die emotionale Balance zwischen Albernheit und echtem Drama gelingt erstaunlich gut.

Auch visuell funktioniert vieles: Stitch ist als CGI-Figur gelungen, ohne sich ständig in den Vordergrund zu drängen. Die hawaiianische Kulisse hat grundsätzlich viel Potenzial für Wärme und Weite – aber genau hier liegt auch ein Schwachpunkt des Films.

Denn trotz meines Kinobesuchs in der 2D-Version war schnell klar: Dieser Film wurde fürs 3D-Erlebnis konzipiert. Und das merkt man leider. Die Kamera ist oft viel zu nah, hektisch, überinszeniert. Wilde Kamerafahrten und künstliche Perspektiven wirken, als würden sie permanent nach Aufmerksamkeit schreien. Das eigentlich ruhige Setting Hawaiis – so wichtig für die Atmosphäre des Originals – geht dabei ein Stück weit verloren. Statt Luft und Leichtigkeit gibt es Enge und Effekte. Eine verschenkte Chance, die dem Film Atmosphäre raubt.

Lilo und Stitch Filmszene

Disney

Was mich persönlich aber am stärksten getroffen hat, liegt nicht an der Kamera oder der Dramaturgie. Es ist das Gefühl, das zwischen den Szenen mitschwingt: Verlustangst. Lilo & Stitch ist auf dem Papier eine herzerwärmende Geschichte über Freundschaft, Anderssein und Zusammenhalt – und doch spürte ich während des gesamten Films eine bleierne Schwere.

Vielleicht liegt es an der Realverfilmung selbst, die die Figuren greifbarer und verletzlicher erscheinen lässt. Vielleicht an der feinen Regiearbeit, die die Zerbrechlichkeit der familiären Situation nicht ausblendet, sondern in den Mittelpunkt stellt. Aber ich saß im Kino – obwohl ich das Original kannte und den Ausgang wusste – mit verkrampfter Haltung. Nicht, weil der Film traurig ist. Sondern weil er die Angst vor dem Auseinanderbrechen so spürbar macht. Die Angst, dass all das hier jederzeit enden könnte. Und das macht den Film nicht schlechter – im Gegenteil. Es macht ihn intensiver. Aber auch anstrengender. Zumindest für mich.

Fazit: Eines der besten Disney-Remakes – trotz Schwächen

Am Ende bleibt Lilo & Stitch (2025) ein Remake, das mehr will als Nostalgie. Es ehrt seine Vorlage, setzt aber eigene Akzente. Die Handlung bleibt vertraut, die Emotionen treffen tief – und das mit einer Ehrlichkeit, die man Disney nicht immer zutraut. Auch wenn die technische Inszenierung in Teilen enttäuscht, wiegt das Herz des Films schwerer. Und das schlägt kräftig.

Wer also gehofft hat, dass Disney irgendwann mehr tut als Altbekanntes hübsch zu recyceln, wird hier tatsächlich fündig. Lilo & Stitch ist kein perfekter Film. Aber er ist mutig, nahbar – und verdient einen Platz auf der Liste der gelungenen Realverfilmungen. Auch wenn er dabei manche Zuschauer:innen emotional mehr fordert, als sie es vielleicht erwartet hätten.

Lilo und Stitch Poster

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