Der Phönizische Meisterstreich

Zwischen visueller Pracht und erzählerischer Distanz: Wes Anderson bleibt sich treu, findet aber nicht ganz zu alter Stärke.

Wes Anderson ist ein Genre für sich – und mit Der Phönizische Meisterstreich liefert er ein weiteres Werk in seinem unverwechselbaren Stil. Doch trotz gelungener Charakterarbeit und gewohnt kunstvollem Setdesign fehlt es dem Film an jener Magie, die seine besten Werke so besonders macht. Ein verspielter, unterhaltsamer Film – aber kein Meisterstreich.

Der phönizische Meisterstreich Szene

© 2025 TPS Productions, LLC. All Rights Reserved.

Ein neuer Film von Wes Anderson fühlt sich immer ein wenig an wie das Öffnen einer luxuriösen Pralinenschachtel: Man kennt die Form, man erkennt die Handschrift – und doch gibt es immer wieder neue Aromen, unerwartete Füllungen und ein Design, das sich mit keinem anderen vergleichen lässt. Der Phönizische Meisterstreich reiht sich da zunächst nahtlos ein. Symmetrie, Farbpalette, schräge Figuren und absurde Dialoge – all das ist da, in gewohnter Perfektion.

Der Film erzählt – wie immer bei Anderson – eine episodisch gebrochene Geschichte mit einem hochkarätig besetzten Ensemble (darunter Benicio del Toro, Mia Threapleton, Michael Cera und Riz Ahmed), die sich um einen wohlhabenden Geschäftsmann, Zsa-zsa Korda, dreht. Sein „Plan“ beinhaltet die Entwicklung der Nation mit Wasser-, Eisenbahn- und Strominfrastruktur. Korda begibt sich auf eine Reise, um die Finanzierung seines ehrgeizigen Projekts zu sichern, wobei er auf den Widerstand verschiedener mächtiger Persönlichkeiten und sogar auf Mörder trifft.

Figuren mit Herz statt nur Haltung

Was diesmal besonders auffällt – und positiv hervorsticht – ist die Charakterzeichnung. Anderson, oft kritisiert für seine kühlen, puppenhaften Figuren, schafft es hier, wieder näher an seine Charaktere heranzukommen. Ja, sie sind immer noch exzentrisch. Ja, sie tragen skurrile Hüte und reden in elliptischen Satzkonstruktionen. Aber sie haben Tiefe. Sie wirken nicht mehr nur wie Spielzeuge auf einer kunstvollen Bühne, sondern wie verletzliche, echte Menschen mit Widersprüchen, Schwächen und echten Emotionen.

Diese neue Wärme steht dem Film gut. Gerade in den leisen Momenten – einem gestohlenen Blick, einem zögerlichen Händedruck, einem abrupten Innehalten – blitzt das auf, was Anderson zuletzt manchmal verloren schien: Menschlichkeit im Korsett der Inszenierung.

Der phönizische Meisterstreich Szene

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Stil ohne Seele?

Trotzdem bleibt Der Phönizische Meisterstreich hinter den ganz großen Anderson-Werken zurück. Warum? Weil etwas fehlt – oder besser gesagt: jemand. Für die Kameraarbeit war diesmal nicht Robert Yeoman verantwortlich, der Andersons Bildsprache seit den 90er-Jahren entscheidend geprägt hat, sondern der ebenfalls renommierte Bruno Delbonnel (Amélie, Inside Llewyn Davis). Und so sehr man Delbonnels Können bewundern kann, so spürbar ist auch die Verschiebung.

Die Bilder sind makellos komponiert, die Farben perfekt abgestimmt – aber es fehlt die organische Verbindung zwischen Form und Inhalt. In Grand Budapest Hotel oder Die Tiefseetaucher war die Ästhetik nicht bloß Hülle, sondern Sprache. Die Kamera erzählte mit. In Der Phönizische Meisterstreich hingegen wirkt vieles wie stilistische Selbstzitation – hübsch, aber hohl. Die visuelle Ebene ist fast zu perfekt, zu glatt – als würde sie auf einer Metaebene ihren eigenen Kult bestätigen wollen.

Das Ergebnis ist ein Film, der sich zwar angenehm schauen lässt, aber seltener berührt oder überrascht. Man hat Spaß an den Dialogen, lacht über die absurden Situationen, bewundert die Sets – aber man spürt weniger.

Fazit: Ein schöner Film, dem der Zauber ein wenig abhandengekommen ist

Der Phönizische Meisterstreich ist alles andere als ein schlechter Film. Im Gegenteil: Er ist witzig, charmant, elegant, und auf seine eigene Art klug. Er bietet Anderson-Fans genau das, was sie lieben – und das auf hohem Niveau. Aber gerade weil wir wissen, wozu Wes Anderson fähig ist, fällt der leichte Rückschritt auf. Die Figuren gewinnen an Tiefe – doch die Welt um sie herum verliert an Wirkungskraft.

Vielleicht ist es der Wechsel in der Kameraarbeit. Vielleicht auch die Erkenntnis, dass Andersons Stil inzwischen so ikonisch geworden ist, dass er sich manchmal selbst im Weg steht. Der Phönizische Meisterstreich ist ein Sonntagsfilm im besten Sinne: unterhaltsam, schön anzusehen, liebevoll gemacht. Aber eben auch einer, der nachklingt wie eine wohltemperierte Melodie – und nicht wie ein meisterhafter Akkord.

Der phönizische Meisterstreich Poster

© 2025 TPS Productions, LLC. All Rights Reserved.

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