39. Fantasy Filmfest
5 Festival-Perlen vom 39. Fantasy Filmfest 2025
Von sprechenden Hunden bis zu Lottotickets mit tödlicher Wirkung: Diese fünf Filme lohnen sich wirklich
Das 39. Fantasy Filmfest 2025 bot einmal mehr ein wildes Kaleidoskop aus Genre-Experimenten, Horror-Highlights, Indie-Überraschungen und bittersüßen Dramen mit düsterem Kern. Statt reinem Blutvergießen dominierten dieses Jahr vor allem emotionale Tiefe, ungewöhnliche Erzählperspektiven und jede Menge Stilbewusstsein. Hier kommen fünf Empfehlungen, die sich besonders in mein cineastisches Gedächtnis gebrannt haben – und hoffentlich auch bald außerhalb der Festivalbühne ihren Weg finden.
Fantasy Filmfest
DCM
1. Good Boy – Horror aus Hundeperspektive
Ein Eröffnungsfilm, der leise ist? Der fast schon meditativ wirkt? Good Boy von Ben Leonberg hat mit der Erwartungshaltung vieler Festivalbesucher:innen gespielt – und sich mit ruhiger Hand durchgesetzt. Statt Jumpscares gibt es eine konsequent durchgezogene Hundeperspektive. Die Handlung folgt dem Vierbeiner Indy, der mit seinem Herrchen eine verlassene Waldhütte bezieht – natürlich mit dunkler Vergangenheit.
Das Besondere: Die Kamera bleibt oft auf Augenhöhe mit Indy, lässt uns durch seine Augen sehen und erleben. Das schafft neue Blickwinkel – im wahrsten Sinne. Auch wenn die erste Hälfte etwas zu oft im Immergleichen verharrt, lohnt sich das Durchhalten: Das emotionale Finale bringt nicht nur Spannung, sondern auch Herz. Good Boy ist vielleicht kein klassischer Horrorfilm – aber definitiv ein originelles Genreexperiment mit Retro-Atmosphäre und einer großen Portion Mut zur Reduktion.
Bleecker Street
2. Bone Lake – Von Beziehungskrise zur Splatter-Party
Der Beginn von Bone Lake ist trügerisch ruhig. Man könnte fast meinen, man sei in einem Kammerspiel über Paartherapie am See gelandet. Doch sobald der Film im letzten Drittel den Turbo zündet, zeigt Regisseurin Mercedes Bryce Morgan, dass sie genau weiß, wie man ein Festivalpublikum bei Laune hält.
Kalte Blautöne, Neonlichter, clevere Kameraarbeit – all das erinnert an die besten Momente des Slasher-Kinos der 90er. Das Finale ist blutig, spaßig, stilvoll und bringt genau das Tempo und den Ton, den man sich als Genrefan wünscht. Keine bahnbrechende Story, aber starke Figuren, ein tolles Gespür für Ästhetik – und ein verdammt unterhaltsamer Abschluss. Wer durchhält, wird belohnt.
Lucky Number
3. The Piano Accident – Satire mit bitterem Nachgeschmack
Quentin Dupieux hat sich längst als Spezialist für das Absurde etabliert. The Piano Accident geht einen Schritt weiter: Der Film bleibt skurril, aber trifft diesmal deutlich härter ins Mark. Denn hinter der typischen Dupieux-Kulisse aus seltsamen Dialogen und minimalistischem Humor steckt eine knallharte Mediensatire.
Thema: die emotionale Verflachung einer Gesellschaft im digitalen Dauerrausch. Was bleibt vom Mitgefühl, wenn alles zur Performance wird? Der Film ist auf den Punkt geschrieben, messerscharf gespielt und visuell – wie immer bei Dupieux – sofort erkennbar. Kein Crowdpleaser, aber einer der präzisesten Beiträge des diesjährigen Line-ups.
Mountain Top Pictures
4. Slanted – Bodyhorror meets Coming-of-Age
Slanted von Amy Wang war für mich eine der größten Überraschungen des Festivals. Eine Highschool-Geschichte, die mit Erwartungshaltungen spielt, Bodyhorror als Stilmittel nutzt und gleichzeitig viel Herz mitbringt. Die visuelle Gestaltung – mit nostalgischem Filmlook, wechselnden Bildformaten und satten Farben – sticht ebenso heraus wie die fein geschriebenen Figuren.
Wangs Film schafft es, gesellschaftliche Themen wie Schönheitsdruck und kulturelle Identität sensibel anzusprechen, ohne in Klischees zu verfallen. Statt moralischem Zeigefinger gibt es echte Empathie. Wer mit Mean Girls, The Substance oder Ginger Snaps etwas anfangen kann, dürfte hier genau richtig sein.
Studiocanal
5. No One Will Know – Wenn 294 Millionen Euro das Dorf vergiften
Was passiert, wenn ein vergessenes Lottoticket zur moralischen Zerreißprobe für ein ganzes Dorf wird? No One Will Know von Vincent Maël Cardona beantwortet diese Frage mit lakonischem Humor, feiner Beobachtungsgabe und einer Erzählstruktur, die auf kreative Rückblenden, Perspektivwechsel und Zeitschleifen setzt.
Die Geschichte entwickelt sich von einem stillen Drama zum schwarzen Thriller mit Coen-Vibes. Besonders stark: Die Figuren wirken trotz Überzeichnung immer menschlich. Sie sind schwach, gierig, verzweifelt – und gerade deshalb so glaubwürdig. Kein Festivalfilm, der laut schreit – aber einer, der bleibt. Und einer meiner klaren Favoriten 2025.
Fazit: Zwischen Gänsehaut und Gesellschaftskritik
Das Fantasy Filmfest 2025 hat bewiesen, dass Genre nicht nur Blut und Schock heißt – sondern auch Perspektivwechsel, Reflexion und emotionale Tiefe. Zwischen satirischem Wahnsinn, leisen Gruselmomenten und stylischem Coming-of-Age-Horror konnten sich dieses Jahr viele kleine, feine Filmperlen entfalten.
Meine Empfehlung: Augen offen halten – einige dieser Filme könnten in den nächsten Monaten auch außerhalb des Festivals für Furore sorgen. Verdient hätten sie es alle.